Geschichte des Kolpingwerkes
Geschichte des Kolpingwerks
1846 – 1865: Gründungszeit
Adolph Kolping versteht die Lage der wandernden Handwerksgesellen in Zeiten allgemeinen Umbruchs, wirtschaftlicher Not und großer Orientierungslosigkeit. Er baut mit ihnen zusammen familienhafte Gemeinschaften auf, die Heimat bieten und die Chance, sich beruflich und persönlich zu entwickeln.
In 20 Jahren entstehen rund 400 Gesellenvereine.
1846: Erster Gesellenverein in Elberfeld
1849: Gesellenverein Köln
1850: Verbandsgründung durch Zusammenschluss der ersten Vereine
1864: Abschließende Festlegung der überörtlichen Verbandsstruktur: Diözesanverbände, Zentralverbände, Gesamtverband
1865: Tod Adolph Kolpings
- 1865 – 1901: ein Netzwerk entsteht
Gesellenvereine bilden ein immer dichter werdendes Netz mit klarem Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. Mitglieder sind ausschließlich ledige, männliche Handwerksgesellen; zugleich bilden sich Meister- und Lehrlingsvereine und es entwickeln sich Formen der „Einbindung“ von „Ehemaligen“. Die vereinseigenen Spar- und Krankenkassen breiten sich aus, ebenso die Gesellenhäuser (Kolpinghäuser). In sog. Fachabteilungen werden berufsspezifische Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten, besonders zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung.
Der Gesellenverein versteht sich als Teil der katholischen Sozialbewegung und nimmt aktiv Anteil an den Bestrebungen zur Lösung aktueller sozialer Fragen und Probleme.
III. 1901 – 1933: Kolping wird international
Der Verband steht mitten in den Herausforderungen der Zeit (Gewerkschaftsstreit, etc.); zugleich bedient er sich neuer, zeitgemäßer Instrumentarien in organisatorischer und publizistischer Hinsicht. Im Gefolge des Ersten Weltkrieges entstehen neue Zentralverbände in Europa. In der Weimarer Republik öffnen sich erstmals konkrete Möglichkeiten einer aktiven Teilhabe am politischen Geschehen. Für viele lokale Einrichtungen und Initiativen entstehen zentrale Zusammenschlüsse (Krankenkassen, Gesellenhäuser, Arbeitsnachweise, etc.). Demokratische Strukturen prägen auch die Verbandsarbeit, z.B. durch die Beteiligung der Mitglieder an den Beratungen und Beschlüssen auf überörtlicher Ebene bis hin zur Generalversammlung.
1901: Gründung des Kolpingblattes als Verbandsorgan
1902: Einrichtung des Generalsekretariates als Verbandszentrale
1902: Einführung des Generalrates als Leitungsorgan des Gesamtverbandes
1921: Erstmalige Formulierung eines Verbandsprogrammes
1922: Erster internationaler Gesellentag in Köln
1927: Zweiter internationaler Gesellentag in Wien
1928: Einführung des K-Zeichens als offizielles Verbandssignet
- 1933 – 1945: Rütteln an den Grundlagen
1933: Gewaltsame Unterdrückung des Münchener Gesellentages
1933: Neustrukturierung des Kolpingwerkes in Deutschland
1935: Der Gesamtverband nimmt den Namen Kolpingwerk an
- 1971 – 1991: Kolping wächst
Das Kolpingwerk Deutschland erlebt zunächst ein deutliches Wachstum der Mitgliederzahlen, die sich auf hohem Niveau stabilisieren. Zur Attraktivität des Verbandes trägt auch der besondere Akzent einer zielgruppenorientierten Arbeit bei. Insbesondere junge Familien und Senioren werden hiermit angesprochen. Inhaltlich (programmatisch und strukturell (satzungsmäßig) werden neue Orientierungen gesucht und gefunden. Viele neue Einrichtungen entstehen im Zusammenhang mit aktuellen gesellschaftlichen Aufgaben und Herausforderungen (Bildungswerke, Familienferienwerke, etc.).
Das Internationale Kolpingwerk dehnt sich rasch aus, gerade in Ländern der sogenannten Drítten Welt. Mit dem Fall des eisernen Vorhangs eröffnen sich neue Perspektiven für die Verbandsarbeit im ehemals kommunistischen Machtbereich.
1982: Programm für das Internationale Kolpingwerk
1990: Wiederentstehen eines gesamtdeutschen Zentralverbandes
1991: Seligsprechung Adolph Kolpings
VII. 1991 bis heute: Katholischer Verband im Umfeld tiefgreifender Säkularisierung
Für das Kolpingwerk in Deutschland stellen sich die 90er Jahre als eine Phase intensiver inhaltlicher Arbeit dar. Ein wichtiger Strang ist hier die Konzeption der zielgruppenorientierten Arbeit, die zunehmende Bedeutung in der praktischen Arbeit vor Ort erfährt. Die wichtigsten Bereiche sind hier die Arbeit mit Kindern, mit jungen Familien und mit Senioren. Gerade der letztgenannte Bereich nimmt immer mehr an Bedeutung zu. In der Mitgliederentwicklung kann das frühere Wachstum zwar nicht durchgehalten werden, aber die Mitgliederzahl bleibt noch – und dies schon seit vielen Jahren – konstant bei rund 277.000. In der Struktur der Mitgliedschaft geht der Anteil jüngerer Menschen (Kolpingjugend) leider allmählich zurück; auch dadurch steigert sich der Altersdurchschnitt insgesamt. Rund ein Drittel aller Mitglieder sind heute weiblich, in der Kolpingjugend sogar rund 50%. Wichtige Änderungen für die Verbandsarbeit bringt die Zentralversammlung im November 1994 Augsburg, fortgesetzt im Januar 1995 in Hünfeld: Das Kolpingwerk Deutscher Zentralverband heißt künftig Kolpingwerk Deutschland; in allen Satzungen, etc. wird der Begriff ‚Zentral’ durch ‚Bund’ ersetzt (Bundesversammlung, etc.). Die bisherige Struktur von Altersgruppen und Sachbereichen wird aufgegeben zugunsten eines flexibleren Ansatzes, wo die Kolpingsfamilien selbst je nach ihren inhaltlichen Aufgaben und Schwerpunkten die Zusammensetzung des Vorstandes regeln können und sollen. Entsprechendes gilt auch für die überörtlichen Ebenen. Mit der Bundesversammlung 1996 in Vechta erfolgt durch die Wahl von Alois Schröder zum Bundespräses die Trennung der Ämter des Generalpräses und des deutschen Zentralpräses. Hier wird auch über die geplante Neufassung des bisherigen Verbandsprogramms beschlossen, wo nach einem intensiven innerverbandlichen Dialogprozeß das neue Leitbild des Kolpingwerkes Deutschland durch die Bundesversammlung des Jahres 2000 in Dresden beschlossen wird. Ein Markstein in der Geschichte des deutschen Kolpingwerkes ist dann der Kolpingtag im Herbst 2000 in Köln mit mehr als 20.000 Teilnehmern, der auch so etwas wie den „Startschuß“ zur Umsetzung des neuen Leitbildes geben soll, die nach wie vor den derzeit aktuellen Schwerpunkt der Verbandsarbeit darstellt.
Eine neue Akzentuierung erfährt die Arbeit des Kolpingwerkes auf internationaler Ebene durch die in den 90er Jahren erfolgende Bildung von Kontinentalverbänden bzw. kontinentalen Arbeitsgemeinschaften. Solche Arbeitsstrukturen, die vor allem dem Meinungs- und Erfahrungsaustausch, der Förderung der regionalen Zusammenarbeit und der Unterstützung beim Aufbau des Verbandes in „neuen“ Ländern dienen sollen, bestehen derzeit in Afrika, Lateinamerika und Europa. Im europäischen Bereich liegt ein besonderer Akzent in der politischen Interessenvertretung gegenüber dem Europarat und der EU, von deren anstehender Osterweiterung ja viele der jungen Verbände im ehemaligen Ostblock betroffen sind. Mit der Generalversammlung des Internationalen Kolpingwerkes in Tuxtla Gutierrez im Frühjahr 2002 endet die dreißigjährige Amtszeit von Generalpräses Heinrich Festing. Zu seinem Nachfolger wird der Kölner Diözesanpräses Axel Werner gewählt. Wichtigster inhaltlicher Aspekt dieser Generalversammlung ist die Verabschiedung der „Leitlinien für die internationale Solidarität“, die an die Stelle der bisherigen entwicklungspolitischen Leitlinien treten. Im Rahmen der Änderung des Generalstatuts wird die Bezeichnung „Zentralverbände“ durch „Nationalverbände“ ersetzt.
Aktuelle Aufgaben und Herausforderungen für einen katholischen Sozialverband stellen sich heute auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene in hohem Maße. Auf allen Ebenen hat das Kolpingwerk im Laufe seiner Geschichte seine recht verstandene Anpassungsfähigkeit bewiesen, indem es immer wieder verstanden hat, die grundlegenden Ideen und Ziele Adolph Kolpings in einer den jeweiligen Zeitverhältnissen angemessenen Weise umzusetzen. Vor dieser Aufgabe steht auch heute das Kolpingwerk, gerade in den ‚alten’ Nationalverbänden; vielfältige Bemühungen sind erforderlich, um – durchaus auch im Blick auf manche Schwachstellen der Verbandsarbeit – eine wirkungsvolle und erfolgreiche Zukunft als moderner und attraktiver katholischer Sozialverband zu ermöglichen.